Mein lieber Mindset-Champion,
Wie läuft es zwischen dir und deinem Coach?
Alles easy?
Oder tust du dir schwer mit ihm?
Meidest du das Gespräch?
Wirst du unrund in seiner Gegenwart?
Meinst du sogar, dass er nicht ehrlich zu dir ist?
Dass er dich bewusst manipuliert und Süßholz raspelt?
Dass er hinter deinem Rücken schlecht über dich redet?
Ich kenne das …
Ich weiß nicht, mit wie vielen der etwa 30 Profitrainer ich in meiner Karriere eine richtig gute Beziehung hatte.
Wahrscheinlich waren es nicht mehr als 5.
Es waren tatsächlich große Patienten dabei.
Viele von ihnen waren schwach wie eine Flasche leer.
Ich selbst war natürlich nie schuld
Zumindest dachte ich das sehr lange.
Bis ein Kollege von mir bei einem Training zusah und mich danach zur Rede stellte:
„Wenn der Trainer mit dir spricht, sieht es ständig so aus, als ob dich das nervt. Als ob du eh schon alles wissen würdest, ja oft sogar, als wärst du nicht einverstanden mit seinem Input.”
Das brachte mich zum Grübeln
Vor allem deswegen, weil ich vom Trainer in jener Saison sehr viel hielt und ich eigentlich immer Neues lernen möchte, mich gar nach Input von außen sehne.
Und weil mein Kollege selbst Trainer war, und weil seine Meinung für mich zählt, begann ich intensiv zu reflektieren:
War tatsächlich ICH das Problem in meinen Spieler-Coach-Beziehungen?
Ich kam zum Schluss, dass …
… ich perfekt bin und mein Kollege einfach Scheiße redete.
Nein. Natürlich nicht. 😊
Ich fand tatsächlich einige Macken bei mir:
Ich habe bei Auswärts-Reisen einfach keine Lust, mit irgendwem zu reden. Ich hau mir die Kopfhörer rein, höre einen Podcast oder lese ein Buch. Ich mache mich zum abweisenden Kaktus, strahle tödliche Distanz aus. Meinen Teamkollegen gegenüber. Und noch mehr in Richtung meiner Trainer.
Ich meide es, meine Coaches im Training oder danach etwas zu fragen. Weil ich mich immer perfekt präsentieren möchte. Weil ich ihnen nicht das Gefühl geben will, dass ich sie brauche. Denn wer jemanden braucht, der ist schwach.
Ich meide auch deswegen das Gespräch mit den Trainern, weil ich nicht als Schleimer gelten möchte. Als jemand, der seinen Stammplatz am Feld durch Eier-Schaukeln gewinnt. Ich hasse das. Und ich möchte von meinen Teamkollegen auf keinen Fall als so einer angesehen werden.
Für viele meiner Teamkollegen war es quasi gesetzt, …
… dass der Trainer ein Arschloch ist und ihnen nichts Gutes will.
Sie kamen in einen neuen Club und hatten vom ersten Tag an diese Prämisse.
So schlimm war es bei mir nie.
Dennoch sah ich bei meiner Reflektion, dass ich mich von einigen Macken lösen musste:
Ja, ich bin introvertiert und liebe die Ruhe. Aber es schadet nicht, mich manchmal etwas dazu anzustoßen, mehr mit meinen Teamkollegen und Trainern zu interagieren. Ja, es tut mir sogar gut. Und die Anderen bauen so auch größeres Vertrauen zu mir auf.
Es ist kompletter Blödsinn, zu meinen, dass es eine Schwäche sei, dem Trainer Fragen zu stellen. Ganz im Gegenteil: Man zeigt damit sogar, dass man es ernst meint, sich immer weiter verbessern will. Trainer lieben das!
Und natürlich wird man dadurch auch nicht gleich zum Schleimer. Zumindest so lange man nicht ständig wie ein Satellit um den Trainer kreist und die Konversationen in erster Linie sportbezogen bleiben.
„Geh mehr auf ihn zu! Rede mit ihm! Stell ihm Fragen!“, …
… riet mir mein Trainer-Freund.
Und obwohl mir das große Überwindung kostete, baute ich das nach und nach in meinen Alltag ein.
Ich ließ mich auf Gespräche ein, wenn der Trainer im Flugzeug neben mir saß.
Ich stellte ihm während dem Training und danach Fragen über taktische Details.
Und manchmal fragte ich ihn sogar Persönliches, wie es IHM gerade gehe, was es bei IHM Neues gäbe.
Und siehe da …
… vieles wurde so tatsächlich besser.
Ich sah, wie der Trainer von nun an auch öfter auf mich zukam, mir mehr Tipps gab, sich mehr für mich interessierte.
Ich fühlte, dass ich nicht mehr bloß ein auswechselbarer Bauer auf seinem
Schachbrett war, sondern ein Mensch, der mehr ist als eine befehlsausführende Maschine.
Ich lernte, dass man auch als Spieler den ersten Schritt machen kann.
Ich erfuhr, dass manche Trainer kalt und unnahbar wirken können, bis man selbst auf sie zugeht, und sie dann auf einmal interessiert und menschlich werden.
Ich schloss, dass ich in dieser Hinsicht tatsächlich jahrelang ein fettes Brett vorm Kopf hatte.
Heute frage ich mich, …
… wie viele Türen ich mir während meiner Karriere verschloss, weil ich diese Erkenntnisse erst so spät in meiner Laufbahn machte.
Denn natürlich profitiert man als Spieler auch von funktionierenden und gegenseitig wertschätzenden Spieler-Trainer-Beziehungen.
Sehr oft wählt ein Coach, wenn er ein Team zusammenstellen muss, einen Spieler, mit dem er bereits einmal zusammengearbeitet hat. Und er wählt ihn dann nicht nur für sein spielerisches Können, sondern auch und vor allem auf Grund der guten Beziehung, die er mit ihm hatte und für das Gesamtpaket, das er mit ihm bekommt.
Was du aus dieser Email mitnehmen kannst
Nicht jeder Trainer ist ein Arschloch!
Manches Arschloch wirkt nur auf den ersten Blick wie eines und wird menschlich, wenn du es hegst und pflegst. 😊
Manchmal bist tatsächlich du selbst das Problem!
Sich als Introvertierte/r ab und zu zu pushen und Energie dafür aufzuwenden, sozialer und zugänglicher zu sein, zahlt sich aus.
Geh auf deinen Trainer zu!
Rede mit ihm!
Stell ihm Fragen! (Manchmal selbst dann, wenn du eigentlich keine hast.)
Du wirst davon profitieren, in diese Beziehung Zeit und Energie zu investieren.
Bis zur nächsten Grübelpause,
Philipp
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